Bernmobil Historique Schnauzenbus 5 Bern Ostermundigen Bümpliz

Mit der Fusion zwischen Ostermundigen und Bern können zwei Gemeinden politisch zusammenwachsen, die bereits heute räumlich und sozial stark vernetzt sind. Bereits 1924, also vor 99 Jahren, verband die schweizweit erste Buslinie die Gemeinde Bern mit Ostermundigen und Bümpliz. Bald verbindet eine neue Tramlinie Ostermundigen und Bern. Mit der Abstimmung am 22. Oktober 2023 wird über einen Fusionsvertrag abgestimmt, der viele Bereiche des öffentlichen Lebens regelt. Damit wird das Zusammenwachsen konkret, und noch offene Fragen werden weiter zusammen diskutiert und beschlossen.

Mit 25 JA-Stimmen gegen 9 NEIN-Stimmen bei 3 Enthaltungen hat das Parlament von Ostermundigen am 29. Juni beschlossen, das Fusionspaket Ostermundigen – Bern zu unterstützen, wie auch bereits das Stadtparlament von Bern. Damit stimmen am 22. Oktober die beiden Gemeinden Ostermundigen und Bern gleichzeitig über den Fusionsvertrag ab.  

Busverbindung Bern – Ostermundigen seit 99 Jahren

Mit der Fusion soll das politische Zusammenwachsen beschlossen werden, nachdem bereits beide Gemeinden und 2018 auch der Kanton JA zu einer neuen Tramverbindung Bern – Ostermundigen gesagt hatten, welche die überlastete Buslinie 10 ersetzen soll. Nach heutigem Planungsstand sollen die ersten Bauarbeiten für das Tram 2024 starten und vier bis fünf Jahre dauern. Bereits vor bald 100 Jahren, Mitte November 1924 nahm der Stadtomnibus die erste Buslinie zwischen Bern, dem Aussenquartier Bümpliz und Ostermundigen in Betrieb, welche erstmals Aussenquartiere an den innerstädtischen öffentlichen Verkehr anschloss. Damals bestand noch kein Tarifverbund mit den Trams der Städtischen Strassenbahn Bern: Beim Umsteigen musste ein neues Ticket gelöst werden. Eigentlich waren es keine «richtigen» Busse, die von der Firma SAURER in Arbon geliefert wurden, sondern Lastwagen mit einem Aufbau für den Personentransport. Doch trotz des mangelnden Komforts erfreuten sich die neuen Buslinien grosser Beliebtheit. Schon bald wurden neue Buslinien nach Köniz, Gurten-Gartenstadt, in die Lorraine, den Wyler und zum Tierpark eröffnet. Der Bus Bümpliz – Bern – Ostermundigen, der sogenannte «Schnauzenbus Nr. 5» war also Wegbereiter und Pionier zugleich.

Ostermundigen gewinnt an sozialer Infrastruktur

Die aktuellen Herausforderungen bezüglich soziodemografischer Zusammensetzung in Bern und Ostermundigen sind ähnlich, wobei Ostermundigen gar internationaler und multikultureller ist als die Stadt. Ostermundigen wird denn auch als «Integrationsmaschine» bezeichnet. Leider können die heute 31.68% der Ostermundiger Bevölkerung ohne Schweizer Pass nicht über die Fusion abstimmen. Mit der Fusion gibt es im Sozialbereich einige Verbesserungen. Neu gelten im Sozialbereich in allen Stadtteilen dieselben Standards. So haben mehr Menschen Zugang zu vielseitigen Bildungs- und Sozialangeboten. Nach einer Fusion gelten die stärker ausgebauten Leistungen der Stadt Bern im Sozialbereich auch für Ostermundigen. So gibt es etwa Verbesserungen bei den Betreuungsgutscheinen für Kindertagesstätten: Im Vergleich zu heute erhalten Eltern in Ostermundigen künftig mehr finanzielle Unterstützung pro Betreuungstag und eine Vergünstigung für Säuglinge. Bei der Ferienbetreuung von Schulkindern ist vorgesehen, dass in Ostermundigen bis spätestens zum Schuljahresbeginn 2026/2027 die besser ausgebauten Stadtberner Angebote gelten. Die Ostermundiger Angebote im Bereich der offenen Kinder- und Jugendarbeit bleiben vor Ort bestehen. Auch alle Schulstandorte bleiben nach einer Fusion unverändert.

Nachholbedarf beim gemeinnützigen Bauen in Bern und Ostermundigen

Die baurechtlichen Grundordnungen der Stadt Bern und von Ostermundigen sollen nach einer Fusion während einer gewissen Zeit parallel weiterhin gültig sein; eine Vereinheitlichung muss später politisch gemeinsam neu aufgegleist werden. Damit gilt leider die Stadtberner Wohn-Initiative (noch) nicht in Ostermundigen. Die Wohn-Initiative der Stadt Bern macht Vorgaben zum preisgünstigen und gemeinnützigen Wohnungsbau. Konkret verlangt sie, dass bei Um- und Neueinzonungen mindestens ein Drittel der Wohnnutzung mit preisgünstigen Wohnungen bebaut oder an gemeinnützige Wohnbauträger abgegeben wird. Gemäss Fusionsunterlagensoll die Wohn-Initiative in Ostermundigen vorerst keine Anwendung finden. Gemäss Ausführung in den Fusionsunterlagen, weil angeblich die Verhältnisse auf dem Wohnungs- und Immobilienmarkt in Bern anders seien als in Ostermundigen. Dies ist nicht nur bedauerlich, sondern unverständlich, denn der gemeinnützige Wohnungsbau ist ein Gebot der Stunde und wirkt langfristig präventiv gegen überteuerte Mieten. Denn die Probleme wie fehlende Wohnungen und zu hohe Mieten sind auch in Ostermundigen Realität.

Immerhin ist Ostermundigen aufgrund eines überwiesenen Postulates[1] im Ostermundiger Parlament (Grosser Gemeinderat) beauftragt zu prüfen, in welcher Form die Förderung von preisgünstigem Wohnraum sinnvoll ist.  Die konkreten Massnahmen werden im Rahmen von O’mundo festgelegt und im neuen Baureglement, das nach einer Fusion für den Stadtteil Ostermundigen gilt, verankert.

Fokus: Mieten und gemeinnützige Wohnungen In Ostermundigen

Eine Auswertung von 15 (Klein-)Städten im Kanton Bern im Bereich Wohnungspolitik zeigt folgendes: 12 von 15 grösseren Berner Gemeinden leiden unter Wohnungsmangel (< 1.5% Leerwohnungsziffer). Ein Vergleich der Gemeinden Bern und Ostermundigen zeigt, dass in Ostermundigen war etwas mehr Wohnungen verfügbar sind als in der Stadt Bern, hingegen sind aber die Preise pro Quadratmeter für verfügbare Wohnungen sowohl für Mietwohnungen wie auch für Eigentum sehr hoch sind. Auf dem Markt verfügbare Mietwohnungen in Ostermundigen sind ausserhalb der Stadt Bern in keiner Berner Gemeinde höher. 249 Franken pro Quadratmeter (50% Quantil) kosten Angebotsmieten von Mietwohnungen in der Stadt Bern, 222 Franken pro Quadratmeter in Ostermundigen. Selbst in Köniz sind die Angebotsmieten für Mietwohnungen (218 Franken) leicht tiefer als in Ostermundigen.

Interessant ist, dass die Wohndichte in Ostermundigen ähnlich hoch ist wie in der Stadt Bern. «Die durchschnittliche Wohnfläche pro Person ist in Ostermundigen mit rund 40 m2 nur knapp grösser als in der Stadt Bern (39 m2) und Ostermundigen weist vergleichsweise einen geringen Wohnflächenverbrauch auf. In den restlichen Vergleichsgemeinden haben die Personen mehr Platz in ihren Wohnungen oder Häusern und die durchschnittliche Wohnfläche pro Person reicht von 43 m2 in Ittigen bis 56 m2 in Bäriswil. Bewohnerinnen und Bewohner von Ostermundigen verfügen somit über weniger Platz in ihren Wohnungen oder Häusern als beispielsweise in Muri und Bolligen, wo die Wohnfläche Person deutlich über 50 m2 liegt.» (Sotomo[2], 2018, S.32)

Hingegen dürfte der gemeinnützige Wohnungsbau mit Kostenmiete in Ostermundigen in der Gemeinde Ostermundigen unterdurchschnittlich sein. In der Stadt Bern liegt der Anteil des gemeinnützigen Wohnungsbaus bei rund 10 Prozent. Von Ostermundigen sind keine Daten bekannt.[3] Dabei ist die Kostenmiete das beste Instrument gegen überteuerte Mieten und der gemeinnützige Wohnungsbau wirkt nachhaltig und langfristig.

Berner Gemeinden gemäss Städteverband Schweiz

  Anzahl Einwoh-ner

*innen

Leerwohn-ungsziffer Angebotsmieten Mietwohnungen

CHF pro Quadratmeter (50% Quantil)

Angebotspreise Eigentums-wohnungen

CHF pro Quadrat-meter (50% Quantil)

Bern

134’794

0.55% 249

9’229

Ostermundigen

17’758

1.13% 222

7’620

Biel

55’206

2.43% 192

6’426

Burgdorf

16’583

0.86% 197

5’924

Ittigen

11’430

0.25% 210

7’183

Interlaken

5’719

0.88% 207

7’577

Köniz

42’388

0.30% 218

7’394

La Neuveville

3’780

1.06% 204

7’511

Langenthal

5’544

2.17% 177

5’327

Lyss

18’291

8.00% 194

5’801

Münsingen

12’966

0.84% 205

7’525

Steffisburg

15’991

0.17% 203

7’914

Spiez

12’926

0.32% 205

6’902

Thun

43’476

0.19% 215

7’144

Worb

11’621

0.62% 204

6’894

 

Mehr Wirkung im Klimaschutz

Der Klimawandel kennt keine Grenzen, die Politik ist überall gefordert. Ostermundigen hat sich in einem Richtplan verpflichtet, auf seinem Gemeindegebiet die Energieeffizienz zu erhöhen und erneuerbare Energien zu fördern. Die Stadt Bern will ihre Treibhausgasemissionen bis 2045 auf netto null senken und gibt dazu einen allgemeinen CO2-Absenkpfad sowie separate Absenkpfade für die Sektoren Wärme und Mobilität vor. Das heutige Klimareglement der Stadt Bern gilt nach einer Fusion grundsätzlich auch für den Stadtteil Ostermundigen. Jedoch finden die Absenkpfade in Ostermundigen vorläufig keine Anwendung. Der Gemeinderat der fusionierten Gemeinde muss dem Stadtrat innert zwei Jahren nach dem Zusammenschluss eine Vorlage mit Klimamassnahmen unterbreiten, die für Ostermundigen passend sind. Ziel ist es, auch im Stadtteil Ostermundigen bis im Jahr 2045 den CO2-Ausstoss auf netto null zu senken.

Weichen stellen: Darum ein JA am 22. Oktober

Die letzte grosse Fusion in der Region Bern fand 1919 statt (Bümpliz/Bern). Im Gegensatz zur Region Zürich, wo 1893 und 1934 rund 20 Gemeinden eingemeindet wurden. Wichtiger als die numerische Grösse ist sicher der Gewinn an sozialer Infrastruktur und der Mehrwert beim Klimaschutz. Nach der Fusion neu die Stadt Bern rund 163’000 Einwohnerinnen und Einwohnern zählen, würde damit Lausanne überholen und zur viertgrössten Stadt der Schweiz werden. 

Flagge bekennen

Das Komitee «JA zur Fusion» liefert Infos und koordiniert die Abstimmungskampagne. Hier sind auch Flaggen zu bestellen.

Quelle:  Wüest Partner (2023). Wohnungspolitik in Städten und städtischen Gemeinden: Bedürfnisse und Herausforderungen. Bericht zur Umfrage im Auftrag des Bundesamts für Wohnungswesen (BWO) und des Schweizerischen Städteverbandes (SSV). S.44

Informationen rund um die geplante Fusion: https://www.ostermundigen-bern.ch/

[1] Überparteiliche Motion (EVP et al.) für mehr bezahlbaren und gemeinnützigen Wohnraum in Ostermundigen: eingereicht GGR-Sitzung am 24. Juni 2021. Umwandlung in Postulat gemäss Protokoll Grosser Gemeinderat vom 23.06.2022.

[2] Die soziale Geographie Ostermundigens. Ein Vergleich nach Innen und Aussen, Sotomo, 7. Mai 2018, Im Auftrag der Gemeinde Ostermundigen.

[3] Beim Verband der Wohnbaugenossenschaften sind in Ostermundigen drei Genossenschaften vermerkt: Eisenbahner-Baugenossenschaft Ostermundigen; Wohnbaugenossenschaft Oberfeld; Wohnbaugenossenschaft Sonnenrain Bolligen.